Malerei von HaPS

reizflucht III

Dynamik, Schönheit und Verletzlichkeit

Von jeher haben Künstler der Tierwelt nachgespürt. So gerieten auch die Insekten in ihren Fokus. Vor allem seit der Renaissance sind sie Protagonisten in der Kunst. Erinnert sei nur an Albrecht Dürers Hirschkäfer von 1505, an die Insektendarstellungen des niederländischen Zeichners und Kupferstechers Abraham de Bruyn oder des Tschechen Wenzel Hollar und vor allem an die bis dahin kaum erreichten naturgenauen Insekten- und Schmetterlingsbücher von Maria Sybilla Merian. Die Ikonologie verfügt über einen ganzen Katalog von Sinndeutungen: Kurzlebigkeit, Begleiter des Teufels und, ganz gegensätzlich, als Christussymbol.

Auch in der aktuellen Malerei des Berliner Künstlers HaPS (Hans-Peter Schmidt) sind diese zarten, oft leicht zu übersehenden Lebewesen, die die artenreichste Tierklasse der Erde bilden und einerseits Furcht und Schrecken verbreiten, andererseits aber auch einen großen Reiz ausüben können, die Hauptdarsteller. Seine Hautflügler und Käfer haben sich jedoch von der gegenständlichen Darstellung gelöst. Sie sind Metaphern für Körperlichkeit, Resistenz, Fremdheit und Bizzarerie, Dynamik und Bewegung, Dünnhäutigkeit, Verletzlichkeit, Vergänglichkeit, Zerrissenheit, Empfindsamkeit, Schönheit und Vielfalt.

Seinem Kernthema nähert sich HaPS in gestischem Stil, großem Format und auf dreierlei Weise. Da setzt der Künstler Käferleiber, Heuschrecken oder Fliegen wie schwarze, dunkelrote oder ultramarine Zeichen ganz verunklärt auf die Fläche. Sie bilden keine hierarchische Komposition, sondern schweben frei im Bildraum, Musikalisches assoziierend. Oder die Insekten haben sich ins Abstrakte aufgelöst. Sie sind nur noch als ein undurchdringliches Geflecht vibrierender Schwingungen wahrnehmbar. Ihre Abwesenheit wirkt als suggestive Kraft. Oder HaPS wählt die Arbeitsweise des „gelenkten Zufalls“, des freien Spiels mit Form und Farbe, wie in seinen Décollage-Bildern von den Insekten. Stark verdünnte Acrylfarbe in Erdtönen versickert in der Leinwand. Der Pinselstrich ist heftig. Seidenpapier ist Schicht um Schicht aufgebracht und mit Spachtel oder von Hand wieder abgezogen oder abgerissen. Die Überlagerungen von Papier und Farbe bilden transparente Formschleier, die sich zu unruhigen Flächen zusammenschließen und wieder öffnen. Die Farbe zirkuliert, verdichtet sich oder wird zur Schleifspur. Das Motiv gerät in Bewegung und drängt über den Bildrand hinaus.

HaPS – Meisterschüler von Professor Helmut Lortz an der heutigen Universität der Künste Berlin – hat seine Bilderserie „reizflucht“ genannt. Der Titel steht für den Künstler nicht nur für die Befreiung von Unangenehmem, sondern auch für den faszinierenden Reiz des Flüchtigen.

Karen Eva Noetzel

HaPS (Hans-Peter Schmidt)

  • geboren 1953 in Berlin
  • 1974 bis 1978 Fachschule für Optik und Fototechnik; Kameramann
  • 1978 bis 1984 Hochschule der Künste Berlin (heute: Universität der Künste UdK),
    FB Visuelle Kommunikation/Experimentelle Grafik bei Prof. Helmut Lortz; 1984 Abschluss Meisterschüler
  • seit 1985 freiberuflicher Grafik-Designer
  • Vorträge, u.a. beim Werkbund Rheinland-Pfalz und an der HTW Berlin
  • seit 2005 freischaffender Künstler
  • 2010 Lehrauftrag für Freies Zeichnen an der Beuth Hochschule, Berlin
  • seit 2010 zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Berlin und Köln

Austellungseröffnung: Samstag, 02. Februar 2013, 14:00 bis 17:00 Uhr
Ausstellungsdauer: Dienstag, 05. Februar bis Mittwoch, 13. März 2013